"Warum möchten Sie sich beruflich verändern?"
Mit dieser Frage muss jeder wechselwillige Bewerber rechnen und je kürzer die derzeitige Verweildauer im Betrieb ist, desto genauer wird nachgeforscht.
Das Frageziel des Interviewers
Welche Motive gibt es, die Firma zu wechseln?
- Man sucht rechtzeitig das Weite, ehe man hinausgeworfen wird.
- Man ist absolut unzufrieden mit der Aufgabe.
- Man fühlt sich von seinem Vorgesetzten schlecht behandelt.
- Man ist kollegial völlig isoliert.
- Der Job ist hinsichtlich seiner Anforderungen ausgereizt und man sucht die sprichwörtlich ‚neue Herausforderung’.
- Der Partner hat beruflich in einer anderen Region eine gute Chance erhalten und man möchte keine Wochenendehe mehr führen.
Ihr Gesprächspartner wird hier sehr genau aufpassen, welche Gründe Sie benennen.
Antwort A
„Ich mache meinen derzeitigen Job jetzt bereits seit fünf Jahren. Irgendwann ist man da ausgebrannt. Wer zu lange dieselbe Aufgabe macht, entwickelt sich nicht mehr. Viele werden dann nur noch schlechter und dieses Schicksal möchte ich mir ersparen.“
Bewertung
Stellen Sie sich einmal vor, Ihr Gesprächspartner antwortet jetzt wie folgt: „Ich bin in diesem Unternehmen seit fünfzehn Jahren Personalleiter und empfinde meine Arbeit immer noch spannend und herausfordernd.“ Da ist man dann als Bewerber ganz schön aufgeschmissen. Also Vorsicht! Die Antwort mag sachlich durchaus zutreffend sein, könnte aber das Selbstwertgefühl des Gesprächspartners erheblich lädieren. Der möchte eventuell auch seit Jahren etwas anderes machen, hat aber bisher keine Chance erhalten. Grundsätzlich ist die Annahme nicht völlig abwegig, dass der Interviewpartner selbst gerade eine Bewerbung laufen hat.
Antwort B
„Um nicht lange herum zu reden – ich komme mit meiner Chefin nicht klar. Ständig gibt es Missverständnisse, die sich natürlich auf die Arbeit auswirken und das ist dann schade. Ich hab’ schon so oft hin und her überlegt, was da falsch läuft oder was ich falsch mache – ich kann es nicht richtig benennen. Dabei ist meine Vorgesetzte sehr kompetent – ich hatte gehofft, viel von ihr zu lernen. Aber so geht es einfach nicht weiter und deshalb suche ich den Aufbruch zu einem neuen Ufer.“
Bewertung
Der Bewerber verzichtet klugerweise darauf, die Chefin in die Pfanne zu hauen. Viele Bewerber reden gern von Versprechungen, die ihnen angeblich gemacht worden sind und dann gebrochen wurden. Aber mit Schuldzuweisungen zu hantieren, bringt überhaupt nichts. Der Autor würde diese Antwort in seiner Eigenschaft als Personalberater durchaus honorieren. Manchmal passen Menschen nicht zueinander und wenn man sie passend machen will, muss man sie verbiegen. Aber das kann nicht die Lösung sein.
Dos und Donts für die Begründung eines Wechselwunsches
Niemals den derzeitigen Arbeitgeber schlecht machen
Natürlich verhalten sich nicht alle Arbeitgeber so, wie sie es sollten. Aber es kommt nicht gut an, wenn man den Wechselwunsch über Fehler und Versäumnisse anderer begründet.
Den Wechselwunsch sachlich begründen
Nachvollziehbare sachliche Gründe sind beispielsweise ein möglicher Zuwachs an Verantwortung, eine stärker international ausgerichtete Aufgabe oder der Schritt in die Personalverantwortung. Es ist auch nicht unanständig, eine angestrebte Einkommensverbesserung als Veränderungsmotiv anzuführen.
Nicht beliebig oder zu allgemein argumentieren
„Ich muss mal etwas anderes machen.“ – „Ich muss raus aus der Routine.“ – „Ich mache diesen Job schon zu lange.“ Diese und ähnliche Formulierungen sind aus dem Argumentationskatalog zu streichen.
Berufliche Fehlentscheidungen einräumen
Wer nicht zu seinen Fehlern steht, wird sich kaum weiter entwickeln und stellt deshalb irgendwann eine Belastung für einen Betrieb dar. Natürlich kommt es nicht gut an, wenn man zweimal denselben Fehler gemacht hat.
aus: Claus Peter Müller-Thurau: 101 Fragen und Antworten im Vorstellungsgespräch. Rudolf Haufe Verlag. 4. Auflage 2011
Fortsetzung folgt.