žWarum haben Sie sich ausgerechnet bei uns beworben?œ
Das Frageziel des Interviewers
Im Idealfall ist eine Bewerbung eine kleine Liebeserklärung. So zumindest sehen und hätten es gern viele Jobanbieter. Man möchte auserwählt sein und verspricht sich davon ein besonderes Engagement. In der Tat: Kein Betrieb ist an neuen Mitarbeitern interessiert, die nur „unterkommen“ möchten – also bei der Jobsuche beliebig vorgehen. Ein wenig Herzblut sollte schon dabei sein.
Antwort A
„Ich habe mich schon immer für Ihr Unternehmen interessiert. Und als ich dann die Stellenanzeige sah, habe ich sofort die Initiative ergriffen und mich beworben. Ich finde die Produkte einfach toll – und deshalb möchte ich in Ihrem erfolgreichen Team sehr gern mitarbeiten.“
Bewertung der Antwort
Streichen Sie Satzanfänge wie „Ich habe schon immer ...“ oder „Ich wollte schon immer ...“. Dies bekommt man als Personaler ständig zu hören und es klingt deshalb wenig originell – vor allem aber ist es kein Argument. Wer erklärt, dass er schon immer Zahnarzt werden oder bei Siemens arbeiten wollte, verweigert bei der Frage nach den Motiven die Antwort.
Antwort B
„Nun – zunächst habe ich mir natürlich überlegt, welche Aufgabe bzw. welcher Job zu mir am besten passt. In schwierigen Zeiten kann man sich als Bewerber ja nicht erst ein bestimmtes Unternehmen ausgucken und dann warten, bis was Passendes angeboten wird. Ihr Stellenangebot hat mich jedenfalls angesprochen und dann hab ich mich informiert und festgestellt: Mit Ihren Produkten kann ich mich gut identifizieren und die Größe des Betriebes entspricht meinen Vorstellungen. Was mir besonders entgegen kommt ist Ihr Engagement in den neuen EU-Staaten – ich habe gelesen, dass Sie unter anderem in Posen und Bialystok Verkaufsbüros einrichten werden. Meine Großeltern stammen aus dem ehemaligen Breslau und deshalb verfolge ich derartige Aktivitäten mit besonderem Interesse.“
Bewertung der Antwort
Wie hieß es doch eingangs? Im Idealfall ist eine Bewerbung eine kleine Liebeserklärung – das Unternehmen möchte auserwählt sein. Durchschaubare Treueschwüre und Schmeicheleien sind allerdings nicht angesagt. Von einem Bewerber wird erwartet, dass er zunächst prüft, welche Aufgabe zu ihm passt und dann erst gilt es zu klären, aus welchen Gründen man sich mit dem Unternehmen identifizieren könnte. Mit Antwort B ist dies gelungen. Nicht immer lässt sich eine persönliche Beziehung zum Unternehmen ins Feld führen, aber wer einen entsprechenden Aufhänger findet, sollte ihn nutzen.
Argumente sammeln
Der erfolgreiche Bewerber hat bei seinem Interviewpartner nicht nur die Hoffnung genährt, dass er aus dem angebotenen Job im Interesse des Unternehmens fachlich etwas Gutes machen wird, sondern dass er im Betrieb auch seine – zumindest vorübergehende – berufliche Heimat finden könnte. Mögliche Gründe bzw. Argumente hierfür lassen sich auf den folgenden Gebieten finden:
- Welcher grundsätzliche Geschäftszweck wird verfolgt?
- Was ist das besondere an den Produkten?
- Was ist typisch für die Branche?
- Welche möglichen Vorzüge hat die Unternehmensgröße?
- Was gibt die Unternehmensgeschichte her?
- Handelt es sich um einen Familienbetrieb?
- Hat das Unternehmen einen besonderen Ruf in Sachen Unternehmenskultur bzw. gibt es Führungsleitsätze?
- Wie ist die Marktposition? Marktführerschaft? Interessanter Nischenanbieter?
- Welche Rolle spielen Eigenschaften wie Innovationsstärke, Kundenorientierung und Umweltschutz?
- Wie ist die Altersstruktur?
- Ist das Unternehmen national oder international aufgestellt?
- Gibt es in der Biographie des Bewerbers einen persönlichen Bezug zum Unternehmen?
aus: Claus Peter Müller-Thurau: 101 Fragen und Antworten im Vorstellungsgespräch. Rudolf Haufe Verlag. 4. Auflage 2011